Lew Kopelew Preis 2020 / 2021

Der Lew Kopelew Preis
für Frieden und Menschenrechte

Der nicht dotierte Preis wird seit 2001 jährlich vom Lew Kopelew Forum in Köln verliehen. Damit will das Forum Menschen, Projekte oder Organisationen auszeichnen, die im Sinne Lew Kopelews tätig sind. Wir, das Lew Kopelew Forum, wollen mit der Preisverleihung die Arbeit der Preisträger bekannter machen und gleichzeitig uns selbst verpflichten, nach den lebendigen Fortsetzern des Wirkens von Lew Kopelew zu suchen, den Kontakt mit ihnen zu halten und weiter zu pflegen.

Der Vorläufer des Preises war der zusammen mit dem Bremer Kulturverein „Freizeit 2000“ in Bremen 1999 an den Schauspieler Will Quadflieg und 2000 an Hans Koschnik verliehene Lew Kopelew Preis.)


PRESSEMITTEILUNG, Köln, April 2021
Lew Kopelew Forum

Die Verleihungen des Lew-Kopelew-Preises für Frieden und Menschenrechte 2020 und 2021 werden pandemie-bedingt zusammengelegt

Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2021 geht an die belarussischen Frauen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo

Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2020, der wegen der Pandemie erst jetzt verliehen wird, geht an die russische Medienorganisation „OVD-Info“
und zugleich an den russischen Historiker Jurij Dmitriev

Die Preisverleihung findet, corona-bedingt, online statt
Angaben zum Termin folgen in Kürze
Die Rede hält der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Armin Laschet


Ringen um Demokratie und Wahrheit +++ Wahrheit und aktive Hilfe statt Fake News +++ Aufklärung über Stalins Terror

Ringen um Demokratie und Wahrheit

Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo setzen sich persönlich wie politisch gemeinsam mit großem Mut für echte Demokratie und gegen die offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus ein. Sie wurden zu Gesichtern der friedlich und gewaltfrei protestierenden Bevölkerung in Belarus. Die massenhaften Proteste gegen die letzten Wahlen lässt der autokratische Präsident Lukaschenko seit August 2020 mit äußerster Brutalität niederschlagen. Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo mussten vor staatlicher Verfolgung ins Exil ausweichen. Maria Kolesnikowa, die eine Zeit lang als klassische Musikerin in Stuttgart gelehrt und gearbeitet hat, widersetzte sich heimlicher staatlicher Zwangsabschiebung. Sie wird bis heute in einem belarussischen Gefängnis festgehalten.
Dennoch ist der Widerstand der drei Frauen, der von öffentlichen Protesten getragen wird, persönlich ungebrochen. Swetlana Tichanowskaja, die ebenfalls vom Europäischen Parlament unterstützt und ermutigt wird, kämpft als ehemalige Präsidentschaftskandidatin gemeinsam mit den anderen Frauen unerschrocken von ihrem litauischen Exil aus für Demokratie sowie freie und faire Neuwahlen in ihrer Heimat. Ihr Mann sitzt wegen politischer Aktivitäten (Blogger) in Belarus in Haft.

Wahrheit und aktive Hilfe statt Fake News

Die russische Initiative OVD-Info erhält den Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2020. Seit 10 Jahren setzt sich die vom Journalisten Grigorij Ochotin und dem Programmierer Daniil Beilinson gegründete Organisation für die Aufklärung von willkürlichen Verhaftungen ein und unterstützt die Betroffenen und ihre Familien mit Auskünften und rechtlichem Beistand. Trotz staatlicher Behinderung sammelt sie zuverlässige Informationen über Protestaktionen und stellt sie zeitnah im Internet zur Verfügung. So ist OVD-Info mittlerweile zu einem russlandweiten nichtstaatlichen demokratischen Netzwerk geworden und gehört nicht zuletzt im Ausland bei der Berichterstattung zu den meistgenutzten Quellen.

Aufklärung über Stalins Terror

Der Historiker und Forscher Jurij Dmitriev hat in der russischen Provinz Karelien Erschießungsstätten aus den späten 30er Jahren, der Zeit von Stalins „großem Terror“, ausfindig gemacht. In „Sandarmoch“, einem dieser Hinrichtungsorte, gelang es ihm, die Identität von etwa 7000 Erschossenen aus 56 Nationen zu klären, darunter auch Russlanddeutsche. Er ermittelte noch weitere Hinrichtungsstätten mit insgesamt rund 55000 Namen von ermordeten Repressionsopfern aus der Stalinzeit. Seine Forschungen sind einflussreichen Kreisen des russischen Staatsapparates unbequem in einer Zeit, in der Stalin und sein Wirken, in einer Art historischer Renaissance als großer Führer, in der Öffentlichkeit zunehmend verharmlost wird.
Jurij Dmitriev gehört zu „Memorial“, der international bekannten russischen NGO für Menschenrechte und historische Aufklärung. Er leitet den Memorial-Verband in Karelien. Seit über vier Jahren ist er – von einer kurzen Unterbrechung abgesehen – in Haft. In einem von unabhängigen Experten und Beobachtern als fingiert bezeichneten Prozess wurde er zunächst vom Vorwurf der Kinderpornografie und Pädophilie freigesprochen. In einem weiteren Prozess wurde dieser Urteilsspruch allerdings wieder aufgehoben und Dmitriev nach einer verschärften Anklage zu 13 Jahren im strengen Vollzug verurteilt. Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter die Literaturnobelpreisträgerinnen Swetlana Aleksijewitsch und Herta Müller, der russische liberale Politiker Grigorij Javlinski und die berühmte russische Schriftstellerin Ludmila Ulitzkaja, hatten zur Unterstützung und Freilassung von Jurij Dmitriev aufgerufen.

Alle Preisträger stehen ganz in der Tradition des 1997 in Köln verstorbenen Humanisten und Schriftstellers Lew Kopelew, der 1981 als unerwünschte Persönlichkeit von den damals sowjetischen Behörden zwangsausgebürgert wurde. Kopelew hat teilweise zusammen mit Alexander Solschenizyn 10 Jahre im Gulag verbracht.

Bisherige Preisträger des „Lew-Kopelew-Preises für Frieden und Menschenrechte“ waren u.a.: Can Dündar (türkischer Journalist), der Soziologe Prof. Lew Gudkow (Direktor des unabhängigen Levada-Zentrums), HALO Trust (Minenräumung), Memorial International Moskau (russische Menschenrechtsorganisation), Berthold Beitz, Hans Küng, Redaktion von „Novaja Gaseta“, Uri Avnery und Sari Nusseibeh (Friedensaktivisten im Nahen Osten), Suaad Tayeb (syrische zivilgesellschaftliche Aktivistin), Ammar Zakaria und Abdulkader Abdulrahim (syrische Ärzte), Ruslana Lyschytschko (ukrainische Musikerin, Maidan-Aktivistin), Jewgenij Zacharow (Mitbegründer des „Memorial“ in Charkow und Berater der UA-Regierung beim Kampf gegen Korruption und für Rechtstaatlichkeit), Wladimir Woinowitsch (russischer Schriftsteller), Kapitän Claus-Peter Reisch und die Dresdener Seenotrettungsinitiative „Mission Lifeline“.

Das Lew Kopelew Forum e.V. wurde 1998 nach Kopelews Tod von seinen vielen Freunden und Weggefährten in Köln unter dem Vorsitz von Fritz Pleitgen gegründet, um Kopelews Eintreten für Humanität, Frieden und Menschenrechte in seinem Sinne „von Mensch zu Mensch, von Volk zu Volk“ (L.K.) fortzusetzen. Heute sind Fritz Pleitgen und Marion Gräfin Dönhoff (†) Ehrenvorsitzende des gemeinnützigen Vereins.

Thomas Roth
Vorsitzender Lew Kopelew Forum
Fritz Pleitgen
Ehrenvorsitzender
***
Für weitere Fragen:
Tatiana Dettmer, Lew Kopelew Forum, info@kopelew-forum.de, T: 0221 257 67 67
Christoph Hellmann, Kreissparkasse Köln, Öffentlichkeitarbeit, T: 0221 227 2703

Veronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria Kolesnikowa
© imago images/ITAR-TASS

v.l.n.r: Alexander Wüerst, stellvertretender Vorsitzender des Lew Kopelew Forums und Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln, Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalens und Thomas Roth, Vorsitzender des Lew Kopelew Forums, während der Verleihung des Lew-Kopelew-Preises für Frieden und Menschenrechte 2020 und 2021 im Käthe Kollwitz Museum der Kreissparkasse Köln.
Bildrechte: Kreissparkasse Köln


Zur Aufzeichnung der Preisverleihung 2020 und 2021


Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2021 geht an die belarussischen Frauen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo.


Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2020, der wegen der Pandemie erst jetzt verliehen wird, geht an die russische Medienorganisation „OVD-Info“ und zugleich an den russischen Historiker Jurij Dmitriev.


Ministerpräsident Armin Laschet unterstrich in seiner Festrede über die Preisträgerinnen und Preisträger des Lew-Kopelew-Preises ihren „Mut“ und Ihre „Entschlossenheit“ im Einsatz für Demokratie und Aufklärung.


Der Lew Kopelew Preis wurde in diesem Jahr ausnahmsweise und pandemiebedingt für zwei Jahre – die Jahre 2021 und 2020 - verliehen. Ebenfalls pandemiebedingt fand die Preisverleihung online im Käthe Kollwitz Museum der Kreissparkasse Köln statt - und wurde nicht wie gewohnt mit vielen Gästen in der Kassenhalle der Kreissparkasse in Köln am Neumarkt festlich begangen. Im Rahmen der kleinen Veranstaltung wurden die belarussischen Frauen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo mit dem Lew-Kopelew-Preis 2021 ausgezeichnet. Die russische Medien- und Menschenrechtsorganisation „OVD-Info“ und zugleich der russische Historiker Jurij Dmitriev erhielten den Lew-Kopelew-Preis 2020.


„Alle Preisträger stehen ganz in der Tradition des 1997 in Köln verstorbenen Humanisten und Schriftstellers Lew Kopelew, der 1981 als unerwünschte Persönlichkeit von den damals sowjetischen Behörden zwangsausgebürgert wurde“, sagte Thomas Roth, der Vorsitzende des Lew Kopelew Forums bei der Begrüßung. „Der Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte, den wir alljährlich verleihen, hat sich im Laufe der Jahre ein hohes Ansehen erworben. Mir scheint, das liegt nicht zuletzt daran, dass die erwählten Preisträger in ihrer Vielfalt und zugleich auch in ihrer Unterschiedlichkeit den offenen und der Menschlichkeit gewidmeten Blick von Lew Kopelew repräsentieren.“


Mit Thomas Roth zusammen begrüßte Alexander Wüerst, stellvertretender Vorsitzender des Lew Kopelew Forums und Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Köln:


„Auch in diesem Jahr ehren wir wieder bemerkenswerte Persönlichkeiten, die mit viel Einsatz und Mut auf Missstände aufmerksam machen. Unsere Region und ebenso die Kreissparkasse Köln stehen für Weltoffenheit und Toleranz. Und das sind die Werte, für die gleichfalls Lew Kopelew einstand. Diese Werte gilt es über die Auszeichnung hinaus weiterzutragen.“


Thomas Roth stellte die Preisträger für die Jahre 2021 und 2020 vor und begründete die Auswahl der Preisträger.


Die Laudatio hielt der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalens,

Armin Laschet. Er hob hervor, dass es für die Verwirklichung von Menschenrechten und Demokratie das tatkräftige Engagement von Bürgerinnen und Bürgern brauche. „Die Trägerinnen und Träger der Lew-Kopelew-Preise 2020 und 2021 leisten in dieser Hinsicht Beeindruckendes: Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo haben mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut eine demokratische Bewegung ins Rollen gebracht, die ganz Belarus erfasst hat. Die Medienorganisation OVD-Info trägt in Russland in unzähligen Fällen zur Aufklärung politisch motivierter Verhaftungen bei. Auch Jurij Dmitriev schafft mit seiner Arbeit eine wichtige Grundlage für eine demokratische Entwicklung seines Landes“, sagte Armin Laschet.


„Das Wirken von Lew Kopelew kann ein Vorbild sein, wenn es um die heutigen Beziehungen von Deutschland zu Russland geht. Dieses Vorbild bedeutet für mich: Standhaftigkeit und Prinzipientreue bei der Einhaltung von Werten und Regeln und zugleich ständiges Bemühen um Dialog und ein friedliches Miteinander“, lautete sein abschließender Appell.


Die Preisträger 2021


Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo wurden zu Gesichtern der friedlich und gewaltfrei protestierenden Bevölkerung in Belarus, indem sie sich persönlich wie politisch gemeinsam mit großem Mut für echte Demokratie und gegen die offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus einsetzen. Die massenhaften Proteste gegen die letzten Wahlen lässt der autokratische Präsident Lukaschenko seit August 2020 mit äußerster Brutalität niederschlagen. Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo mussten vor staatlicher Verfolgung ins Exil ausweichen. Maria Kolesnikowa, die eine Zeit lang als klassische Musikerin in Stuttgart gelehrt und gearbeitet hat, wird bis heute in einem belarussischen Gefängnis festgehalten.


Dennoch ist der Widerstand der drei Frauen, der von öffentlichen Protesten getragen wird, persönlich ungebrochen. Swetlana Tichanowskaja, die ebenfalls vom Europäischen Parlament unterstützt und ermutigt wird, kämpft als ehemalige Präsidentschaftskandidatin gemeinsam mit den anderen Frauen unerschrocken von ihrem litauischen Exil aus für Demokratie sowie freie und faire Neuwahlen in ihrer Heimat. Ihr Mann sitzt in Belarus in Haft.


„Diese drei Frauen zeichnen wir heute mit dem „Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2021“ aus. Sie haben sich bis jetzt von der Gewalt nicht einschüchtern lassen und sind damit zu Symbolfiguren der belarussischen Protestbewegung geworden“, begründete Thomas Roth die Auszeichnung.


Über Internet schaltete sich Swetlana Tichanowskaja, die derzeit im Exil in Litauen lebt, live in die Preisverleihung ein und appellierte an Europa, seine Rolle als Mediator wahrzunehmen und die Regierung in Belarus an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Die Mitstreiterin von Swetlana Tichanowskaja, Veronika Zepkalo, widmete via vorab aufgezeichneter Videobotschaft den Preis allen Belarussen, vor allem den belarussischen Frauen, die für demokratische Rechte in Belarus kämpfen und von denen einige bis heute in belarussischen Gefängnissen festgehalten werden – so wie auch die dritte Mitstreiterin und Preisträgerin Maria Kolesnikowa. Im Namen von Maria Kolesnikowa sprach die im Exil lebende Schwester Tatjana Chomitsch die Dankesworte.


Die Preisträger 2020


OVD-Info


Nicht nur in Belarus, sondern auch in Russland gerät die Opposition seit Jahren unter immer stärkeren Druck, was man nicht nur an dem brutalen und völlig willkürlichen Umgang mit dem Oppositionellen Alexei Navalny sehen kann. Kritische Nichtregierungsorganisationen und neuerdings auch Personen werden gezwungen, sich als „ausländische Agenten“ zu bezeichnen, wenn sie Spendengelder aus dem Ausland bekommen. Eine Bezeichnung, die sie in den Augen der Bevölkerung denunzieren soll. Willkürliche Verhaftungen bei Demonstrationen und eine willfährige Justiz sollen den Menschen Angst davor machen, auf die Straße zu gehen.


Um diese Missstände öffentlich zu machen, haben vor rund zehn Jahren der russische Journalist Grigori Ochotin und der Informatiker Daniil Beilinson das Medien- und Menschenrechtsprojekt OVD-Info gegründet, das sich vor allem über Crowdfunding, also über private Spenden, finanziert und in dem besonders viele junge Leute arbeiten. OVD setzt sich für die Aufklärung von willkürlichen Verhaftungen ein und unterstützt die Betroffenen und ihre Familien mit kostenlosem rechtlichem Beistand. „Trotz staatlicher Behinderung sammelt OVD-Info zuverlässige Informationen über Protestaktionen und stellt sie zeitnah im Internet zur Verfügung. So ist OVD-Info mittlerweile zu einem russlandweiten nichtstaatlichen demokratischen Netzwerk geworden und gehört nicht zuletzt im Ausland bei der Berichterstattung zu den meistgenutzten Quellen. Für all das wollen wir sie heute mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2020 auszeichnen“, so Thomas Roth in seiner Würdigung.


Auch Grigorij Ochotin und Daniil Bejlinson bedankten sich per vorab aufgezeichneter Videobotschaft. Die Preisträger erklärten, dass sie sich als Brücke zwischen den Aktivisten und den Massenmedien verstehen und sie mit ihrer Arbeit ein Zeichen für eine entwickelte Zivilgesellschaft setzen wollen. Der Lew-Kopelew-Preis sei für sie eine große Ehre. Diese Anerkennung gelte dem gesamten Team, den tausenden freiwilligen Helfern, den zehntausenden Unterstützern und Spendern.

Jurij Dmitriev


Neben der Medien- und Menschenrechtsorganisation OVD-Info wurde für das Jahr 2020
der russische Historiker Jurij Dmitriev mit dem Lew Kopelew Preis ausgezeichnet. Lange herrschte Schweigen in der Sowjetunion und damit auch in Russland über den sogenannten „Großen Terror“ Stalins und seiner Schergen. Der „Große Terror“, soviel weiß man heute, hat alleine in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre mindestens 700.000 Menschen das Leben gekostet. Jurij Dmitriev, der zu „Memorial“, der international bekannten russischen NGO für Menschenrechte und historische Aufklärung, gehört, erforscht seit Jahrzehnten in der russischen Provinz Karelien Spuren dieses Terrors und der staatlich organisierten Massenmorde. Er fand in den Wäldern Kareliens zum Beispiel eine Erschießungsstätte bei dem Dorf Sandarmoch. Rund 9.000 Häftlinge aus vielen Nationen, darunter auch Russlanddeutsche, wurden damals unter Geheimhaltung dort erschossen. Der Historiker Dmitriev konnte sogar die Namen der Ermordeten ermitteln und stellte sie der Öffentlichkeit und damit auch den Nachkommen der Opfer zur Verfügung. Doch das ist ihm nicht gut bekommen. In einer Zeit, in der Stalin besonders von den Staatsorganen heute wieder mehr als großer Führer inszeniert wird, scheint Dmitrievs Arbeit einflussreiche Kreise zu stören. Er wurde nach einem unbegründeten Urteil zu 13 Jahren im strengen Vollzug verurteilt.


„Jurij Dmitriev wurde mit dem Lew-Kopelew-Preis 2020 geehrt, da er sich nicht mundtot machen lässt und sich unbeirrt dafür einsetzt, das Gedenken an den stalinistischen Terror aufrechtzuerhalten“, erläuterte Thomas Roth die Preisvergabe an Dmitriev.
Jurij Dmitrievs leibliche Tochter Katharina Klodt war bei ihrem Vater im Gefängnis. Er hat ihr als Reaktion und Dank für den Kopelew-Preis einige Zeilen aufgeschrieben, die sie via Video vorlas.


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